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Weingut und Weinhaus Lindener


Weingut und Weinhaus Lindener 

- Der letzte Seligmacher von Rheinbreitbach oder

- Der nördlichste Weinberg in Rheinland-Pfalz

Vonsbach 10



Weingut Ludwig Lindener in den 1930er Jahren mit Weinberg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Familienwappen Lindener (gestickt)
Quelle: Franz Bornheim, Heimatmuseum Rheinbreitbach


Weinberg unterhalb Haus Reppert am Hohnerberg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach




Ludwig und Helene Lindener

Ludwig Lindener war zunächst Berufsfeuerwehrmann der Stadt Köln bis er bei einem Einsatz eine Rauchgasvergiftung mit starken Verätzungen durch Blausäure erlitt. Die Ärzte gaben ihm noch maximal drei Jahre. So wurde er frühzeitig mit 45 Jahren pensioniert.

Nach seiner Pensionierung machte Ludwig Lindener sein Hobby Weinherstellung zum Beruf und zog um 1930 nach Rheinbreitbach. Er kaufte mehrere Grundstücke mit Ackerland oder Brachland (Driesch) zum Preis von 25Pf - 35Pf/m2 auf. Die ersten Jahre stand mit Roden und Ragulen die Umwandlung von Driesch in Ackerland an. Danach folgte während eines Zeitraums von 5 bis 6 Jahren das Anpflanzen der Rebstöcke. 
1937 eröffnete Ludwig Lindener seine Straußwirtschaft am Koppel.



Das Villenviertel - Blick von Rheinbreitbach auf das Siebengebirge, 1936
Unten rechts das Weingut Lindener noch ohne den Anbau der Weinstube
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Sicht über das Villenviertel, rechts Weingut Lindener
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach




Altes Weinbergspädchen zum ehemaligen Weingut am Vonsbach
Foto: Dankward Heinrich





In den 1940er Jahren übernimmt Ludwig Lindener seiner Profession entsprechend auch die Arbeit des ehrenamtlichen Weinberghüters in der Gemeinde Rheinbreitbach.






Als ob er nicht schon mit dem Weinbau genug zu tun gehabt hätte, engagierte sich Ludwig Lindener, 1946 bis 1952 als Ortsbürgermeister von Rheinbreitbach in der Wiederherstellung der im Krieg zerstörten Infrastruktur und als langjähriger Vorsitzender im Kirchenvorstand der katholischen Pfarrgemeinde.

Es geht wie in ganz Deutschland auch in Rheinbreitbach um die Befriedigung der Grundbedürfnisse, Ernährung und Wohnraum für die vielen Flüchtlinge aus Deutschlands Osten. Bei der Bewältigung des täglichen Überlebenskampfes kommt dem Rheinbreitbacher Bürgermeister sein Beruf zu Gute und mit ihm der Wein als Stimmungsaufheller und Schmiermittel, wenn es klemmt.

Dies bringt dem Bürger Ludwig Lindener aber auch Ärger mit den Behörden ein, wie die nachfolgenden Schreiben an das Ernährungs- und Wirtschaftsamt aus dem Jahre 1947 und an die Sparkasse Neuwied 1948 zeigen.





Brief Ludwig Lindeners an das Ernährungs- und Wirtschaftsamt am 27.11.1947
Quelle: Heimatmuseum Rheinbreitbach





Brief Ludwig Lindeners an die Sparkasse Neuwied am 2.3.1948
Quelle: Heimatmuseum Rheinbreitbach


Mit der Zeit entstand zusammen mit seiner Frau Helene, geb. Kliesing aus Rhöndorf, seinen beiden Töchtern und seinem Schwiegersohn, Franz Bornheim (Hochzeit 1951), ein kleiner Familienbetrieb. 




Ludwig und Helene Lindener bei ihrer Goldenen Hochzeit 1972
Quelle: Franz Bornheim, Heimatverein Rheinbreitbach


Das Schneiden, Spritzen, Schwefeln der Weinreben und das Umgraben der Erde erfolgte durch die Familie oder die nahe Bekanntschaft. Zur Weinlese halfen auch noch später immer fast alle mit. 
Sein höchster Weinberg, u. a. mit Riesling,  befand sich auf dem Grundstück Rheinblickstraße 107.



Lindener, Werbung 1952




Helene Lindener nach der Arbeit in ihrem Weinberg
Quelle: Franz Bornheim, Heimatverein Rheinbreitbach



1975 gaben Lindeners altersbedingt den Weinbau auf, der 42 Jahre bestanden hatte. Als Ludwig Lindener am 29. September 1976 starb, hatte er ein Lebensalter von fast 80 Jahren erreicht. Seine Frau folgte ihm zum Herrn vier Jahre später am 2. Februar 1980.
Nach dem Tod Lindeners wurde der letzte verbliebene Rheinbreitbacher Weinberg und das Haus von der Familie Röhle übernommen, die den Weinberg heute noch, auch nach dem Tode des Vaters, für ihre Familie und Freunde bewirtschaften.  




Ehemaliges Weingut Lindener
Foto: Dankward Heinrich

Wegweiser zum Weinhaus Lindener 1975 (heute im Weinkeller des Heimatmuseums)
Quelle: Film "Rheinbreitbach 1975", Heimatverein Rheinbreitbach, 2007


Weinhaus Lindener


Um 1935 bauten Ludwig und sein Vater Jacob Lindener zusammen ein Haus am Weinberg am Vonsbach 10, das spätere Weinhaus Lindener. 

Als Weingut nutzten Lindeners zunächst die Möglichkeit, ihren Wein im Weingut in einer Straußwirtschaft auszuschänken. Später beantragten sie eine Dauerlizenz und nannten sich ab diesem Zeitpunkt auch Weinhaus Lindener.

Der Volksmund sprach von "zum Kalvarienberg oder auch zum Leidensberg gehen", wenn ein Besuch im Weinhaus Lindener anstand. Denn wenn mancher Gast die Weinstube verließ, war er nicht nur voll sondern ging den Berg hochachtungsvoll hinab, um nicht ins Straucheln zu kommen. 


Weinhaus Lindener, um 1940
Quelle: Heimatmuseum Rheinbreitbach


Weinhaus Lindener, Weinstube, um 1940
Quelle: Heimatmuseum Rheinbreitbach





Gäste im Weinhaus Lindener


Zu den Stammgästen des Weinhauses Lindener zählten die Bewohner des damaligen Blindenheims im ehemaligen Elisenhof, der heutigen  Burg Steineck, die Lindeners Weinstube blind fanden. 

"Der evangelische Frauenkreis wurde 1932 von den Schwestern vom Tannenhof "im Haus der Sonne" gegründet. Als das Schwesternhaus 1938 aufgelöst wurde, übernahm Frau Schobbert in ihrem Haus "Auf Staffels" die monatlichen Zusammenkünfte. Man betreute die Armen und Kranken und strickte für die Soldaten im Krieg. Als nach dem Krieg durch Zuzug vieler Flüchtlinge die Zahl der evangelischen Bürger stark zunahm, wurde der Frauenkreis 1950 von Schwester Lotte und Frau Irmgard Wilck im "Weinhaus Lindener" zusammengeführt." 

Quelle: Dorothea F. Voigtländer: Rheinbreitbach - einst und jetzt, Hrsg. Heimatverein Rheinbreitbach, 1974


Hier fand er bei Helene Lindener mit bis zu fünfzig Frauen bis zum Bau des katholischen Pfarrheims in den 1960er Jahren freundliche Aufnahme. Im Weinhaus Lindener fanden die frommen und barmherzigen Frauen nicht nur geistliches, sondern auch ihr körperliches Laabsal.


Adventsfeier 1962 - Die Evangelische Frauenhilfe im Weingut Lindener
Quelle: Jutta Henk 


Weitere regelmäßige Gäste nach dem Krieg waren ein Stammtisch bestehend aus Oberst a. D. Gerhard Wilck (*17.6.1898,  + 5.4.1985), dem Verteidiger von Aachen, einem Obersteiger und einem Polizisten, an deren zackige Trinkrituale Ludwig Lindeners Schwiegersohn Franz Bornheim sich gut erinnerte.


Weinhaus Lindener, 1974
Quelle: Heimatmuseum Rheinbreitbach


Lindeners Weinberge


Das Weingut Lindener bewirtschaftete eine Fläche, die sich heute in etwa zwischen den Straßen Vonsbach und der oberen Rheinblickstraße (etwa auf Höhe der Hausnummer 105) befindet. Die Lage unten am Berg direkt am Weingut Lindener wurde als "Rheinbreitbacher Berg", die oben am Berg als "Auf dem Hohn" bezeichnet.



Weingut Lindener, Etikett Rheinbacher Hohnerberg, ca. 1940er Jahre?
Foto: Dankward Heinrich




In der Blütezeit des Weingutes standen auf Ludwig Lindeners Weinbergen 3.000 bis 3.500 Weinstöcke, davon rund 400 Stock roter Burgunder, die in guten Jahren 3.000 bis 3.500 Liter Wein ergaben. Heute sind davon noch geschätzt 800 Stöcke direkt oberhalb des ehemaligen Weinguts vorhanden.



Ludwig LIndener in seinem Weinberg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach

Ludwig LIndener in seinem Weinberg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach

Helene und Ludwig LIndener in ihrem Weinberg (außen)
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach





Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg, 1957
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Franz Bornheim, Ludwig Lindeners Schwiegersohn, bearbeitete zusätzlich ein Stück Weinberg in der Lage Koppel, links vom Weg, der zum Koppelkreuz hochführt. Hier standen 400 Stock Weißwein (Riesling und Müller-Thurgau) und 200 Stock Rotwein (vermutlich ebenfalls Burgunder). Übernommen hatte er diese von einem Herrn Pippon (?), damals wohnhaft in der Straße Auf Staffels. Diese Lage war gegenüber der von Lindeners bevorzugt, da sie mehr Sonne erhielt. Der Wein wurde im Weingut Lindener ausgebaut. Obwohl Franz Bornheim immer engagiert im Weingut seines Schwiegervaters mitarbeitete, wurde er kein überzeugter Winzer. Den Ausschlag hierfür gab, als er erleben musste, wie in einer einzigen Nacht durch die Eisheiligen die in voller Blüte stehenden Weinstöcke erfroren. Statt der gewöhnlichen rund 3.000 bis 3.500 Liter Wein betrug der Ertrag in diesem Jahr nur sehr magere 185 Liter.  



Lindener Kollektion Rheinbreitbacher Berg 1975
Quelle: Film "Rheinbreitbach 1975", Heimatverein Rheinbreitbach, 2007



Lindeners Weine


Angebaut wurden die Rebsorten Riesling, Müller-Thurgau und Spätburgunder.



Weingut Lindener, Weinetikett Rheinbreitbacher Berg, ca. 1935
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach



Der Wein wurde von Lindeners als kleinem handwerklichem Betrieb voll ausgegoren ausgebaut. Dies führte einerseits zu trockenen, gut verträglichen, aber auch alkoholreichen Weinen.

Stellte die damalige für die Weinprüfung zuständige Behörde, die Staatliche Weinbaudomäne in Neuenahr fest, dass der Wein, z. B. mit 13% Vol., nach ihren Vorschriften zu viel Alkohol besass, gab es kein Weinsiegel und der Wein durfte nur als Haustrank verkauft werden, die Flasche zu 1,50 DM. Der Normalpreis für eine Flasche Wein bei Lindeners hätte ansonsten zwischen 2,60 DM und 3,00 DM gelegen. Mehr als 3,00 DM für eine Flasche Wein ließ sich nicht erzielen. 






Weingut Lindener, Weinetikett Rheinbreitbacher Berg, 1959
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Ludwig und Helene Lindener waren sparsame Leute. Bei Korken von Weinflaschen, die in der Weinstube ausgeschenkt wurden, achteten sie darauf, dass sie vom Korkenzieher höchstens bis zur Mitte angebohrt wurden. So konnten Lindeners sie aufbewahren und noch ein weiteres Mal beim Flaschenverkorken nutzen, indem sie die Korken andersherum einsteckten. 

Waren nach der Lese die Trauben gepresst, so blieb der sogenannte (Trester)-Kuchen, ca. 40cm hoch, in der Kelter übrig. Der Korb wurde entfernt und mit der Axt der Kuchen in vier Teile zerschlagen, um ihn aufgrund des hohen Gewichts transportieren zu können. Eines der Kuchenstückchen kam in eine spezielle Bütte zur Lagerung. Wenn die Lese zu Ende war wurde in einem Fass zur Hälfte der Traubentraber  sowie zur anderen Hälfte Äpfel und etwas Zucker gegeben und diese Mischung erneut abgepresst. Das Ergebnis nannte sich Haustrunk und wurde von den Arbeitern im Weinberg getrunken. Ungeübte hielten es für Wein.
Quelle: Franz Bornheim, Schwiegersohn von Ludwig Lindener, Interview von Bernd Hamacher und Martina Rohfleisch, Herbst 2011




Wein vom Rheinbreitbacher Berg




Weingut Lindener, Weinetikett Rheinbreitbacher Berg, 1964
Foto: Dankward Heinrich






Weingut Lindener, Weinetikett Rheinbreitbacher Berg, 1960er Jahre
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach



Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach



Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach






Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg, 1971
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach







Flaschenetikett Ludwig Lindener, Alsheimer Rheinblick, 1974
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach





Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg, 1974
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg, 1974
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach






Flaschenetikett Ludwig Lindener Rheinbreitbacher Berg Riesling, 1970
Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach





Die nachfolgende Weinflasche wurde "Heppestilzcher" genannt (oder so ähnlich), eine 0,375 l-Flasche, die gut wegen ihrer Größe mit in den Weinberg genommen werden konnte.
Quelle: Margitta Blinde



Weingut Lindener Rheinbreitbacher Hohnerberg
Foto: Dankward Heinrich



Weinanbau Röhle


Quelle: W.I.R, Oktober 1982, Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Quelle: W.I.R., 1983, Quelle: Heimatverein Rheinbreitbach


Nachfolger Lindener, Hobbywinzer Werner Röhle, 1999
Foto: Dankward Heinrich